Seit dem Tod von Bürgermeister Bernhard von Köhl waren nun 29 Jahr vergangen. An seinem Todestag waren noch 3 Söhne und 6 Töchter am Leben sowie eine grosse Schar an Enkeln am Leben. Bernhard hatte in seinem Testament seine Erben angewiesen, sein Vermögen in einer Erbengemeinschaft zusammenzuführen und nicht unter den Nachkommen aufzuteilen. Und der Mannstamm, also die männlichen Nachkommen seines Blutes, sollten die Nutznieser dieses Vermögens sein. Er ernannte seinen jüngsten Sohn, Joseph Köhl (1663–†1750), Doktor der Medizin und Philosophie, als Verwalter dieser Erbengemeinschaft. Vorteil dieses Vorgehens war, dass seine Nachkommen zwar Nutznieser und Verwalter des Vermögens waren, im Todesfall eines der männlichen Nachkommen diese Vermögenswerte im Besitz der Erbengemeinschaft blieben und nicht auseinander gerissen wurden.
Nach dem Tod von Pfarrer Bernhard Köhl war nun Joseph Köhl der letzte noch lebende Sohn des Bürgermeister Köhl. Und es gab nur noch Zwei weitere männliche Nachkommen, die erbberechtigt gewesen wären. Josephs Kinder waren alle kurz nach der Geburt gestorben, auch von seinem Bruder Peter war nur noch 1 Sohn am Leben, dito von Pfarrer Bernhards Köhl. Und die beiden, Georg und Bernhard Köhl, hatte noch nicht geheiratet, und somit keine männlichen Nachkommenn.
Die Nutznieser des grossen Erbes strukturierten dieses neu. Dr. Joseph Köhl dürfte dabei eine zentrale Rolle gespielt haben. Er legte fest das die männlichen Erben weiterhin den grössten Teil nutzen dürften (45%), neu wurden aber die Familien seiner Schwestern auch berücksichtigt. Gemäss Steuerrodel 1729 wurde dieses wie folgt aufgeteilt:
Total 176.62 Gulden. Erbberechtigt war also die 3 noch lebenden Kinder des Bernhard von Köhl, 15 Enkel und 1 verwitwete Ehefrau eines der Enkel. Sämtliche Vermögenswerte verblieben aber weiter in dieser Erbengemeinschaft.
Und es kam zu weiteren Verschiebungen im politischen Gefüge der Stadt Chur. Die von Salis, welche bereits mit den Familien Köhl und Cleric freundschaftlich und verwandtschaftlich verbunden war, bauten Ende 1727 ihren Einfluss in Chur aus. Verschiedene Mitglieder der Linie Soglio kauften sich mit viel Geld in Chur ein, darunter auch Envoye Peter von Salis1, sein Sohn Hieronymus und seinen Schwiegersohn Anton von Salis, sowie Landeshauptmann Rudolf von Salis2, welcher mit der Reitberger Linie verbunden war. Rudolf von Salis scheint nicht nur eng mit der Familie Köhl und Terz verbunden gewesen zu sein, sondern wohnte 1728 beim Ochsenbrunnen, vermutlich im Haus der Familie Terz. Später wohnte er beim Paradieshaus, gleich neben Joseph Köhl.
Die von Salis gewannen immer mehr Anhänger, besonders als 1728 ein Österreicher, Baron von Rost, Bischof von Chur wurde. In diesem kritischen Augenblick schlossen die Anhänger der österreichischen Partei unter sich eine Konvention ab. Diesen Geheimbund unterzeichneten ausser Bürgermeister Johann Baptista Tscharner auch Mitglieder der Familien Bavier, Reidt, Raschér, Menhart, Beeli, Pestalutza, Sprecher, Kupli und Walser. Als die Schrift aber bekannt wurde, mussten die Verschworenen ihrem Geheimbund sofort abschwören und ein Spezialgericht wurde zur Aburteilung der Verschwörer bestellt. Tscharner wurde suspendiert und Stadtrichter Johann Bavier3, welcher bereits von 1712–1721 Bürgermeister gewesen war, wurde nochmals zum amtierenden Bürgermeister gewählt. Landeshauptmann Rudolf von Salis wurde zum Ratsherr gewählt und war nun Mitglied des kleinen Rates. Alle in der Konventionsschrift Genannten wurden auf Jahre von Ämtern ausgeschlossen.[5]. Doch nicht nur Rudolf von Salis profitierte von diesem Umsturz. Ruinell Bavier4, Oberzunftmeister der Schneiderzunft, wurde abgesetzt und Dr. med. Antoni Cleric, ein Sohn von Sibilla Köhl, an seiner Stelle Oberzunftmeister. Dessen Neffe Peter Reidt wurde zum Oberzunftmeister von Schuhmachern ernannt, und Johann Antoni Terz zum Zunftschreiber derselben gewählt. Bernhard Köhl sollte 1730 dann ebenfalls Oberzunftmeister der Schuhmacher werden. Und auch der Aufstieg der Familie Laurer begann nun. War sie vor 1729 nicht mehr in den Zunftämtern vertreten, wurde Jeremias Laurer 1731 zum Zunftmeister gewählt und stieg die Karriereleiter hoch.
Es könnte gut sein, dass die Neustrukturierung des Köhlschen Vermögens mit diesen politischen Veränderungen zusammenhing. Auf jeden Fall gehörten die Familien Köhl, Terz, Cleric und Laurer zu den Gewinnern dieser Veränderungen und bauten ihren Einfluss in Chur aus.
Dr. Joseph Köhl starb 1750 ohne Nachkommen. Seine Vermögenswerte dürften an mehrere Familienmitglieder gegangen sein. Vorwiegend an Oberzunftmeister Bernhard Köhl und seine Kinder. Joseph’s Doktordiplom sowie auch das Testament von Bernhard von Köhl war bis Mitte des 20ten Jahrhunderts im Besitz dieses Familienzweiges und wurde danach dem Staatsarchiv geschenkt.
Seine Schwester, Anna Katharina Köhl-Mattli, starb ohne Nachkommen. Ihr Nachlass dürfte ihren Verwanden zu Gute gekommen sein, vor allem der Familie Terz und Margadant, welche ihr eng verbunden waren und sie bis zuletzt pflegten.
Ein Grossteil des Erbes von Pfleger Peter Köhl dürfte an seinen Sohn Georg gegangen sein. Da dieser ohne männliche Nachkommen starb dürfte seine Witwe, Anna Maria Nick (1696–†1773), das verbliebene Vermögen geerbt haben. Sie heiratete später Johann Ulrich Rehsteiner (1730–1808). Der original Adelsbrief dürfte nach dem Tod von Georg an Oberzunftmeister Bernhard Köhl gegangen sein.
Oberzunftmeister Bernhard Köhl dürfte den grössten Teil des Erbes erhalten haben, vermehrte dieses und gab es an seine Söhne weiter. Vor allem sein ältester Sohn, Sebastian von Köhl, dürfte die meisten Besitztümer geerbt haben. Mitte des 20ten Jahrhunderts starben die letzten Nachkommen dieses Adelszweigs. Die letzte Erbin war Hulda Leuch-Köhl (1848–†1938). Wohin die letzten verbliebenen Vermögenswerte gegangen sind ist nicht bekannt.
Die Familie Terz- Köhl erhielten auch einen schönen Anteil am Erbe. Dieser dürfte vor allem für den Betrieb des Gasthauses zum Weissen Ochsen verwendet worden sein. Mit Pfarrer Bernhard Terz (1732–†1812) starb der Letzte dieses Familienzweiges. Vom ehemalig grossen Vermögen war alles aufgebraucht worden. Seine Witwe starb in Armut.
Der Erbteil der Margadants wurde wohl aufgebraucht. Die letzten Teile dürften dann in der Familien Margadant-Willi aufgegangen sein.
Die Erbteile der Köhl-Reidt, Köhl-Cleric und Köhl-Laurer kamen deren Nachkommen zu Gute. Die Laurers stiegen zu einer einflussreichen Ratsherrenfamilie auf, auch die Clerics hatten wichtige Stellungen inne.
Quellen:
5: Geschichte des Churer Stadtrates 1422-1922, Valèr Michael, 1922
Personen:
1 Peter von Salis-Soglio (1.9.1675–†14.2.1749), Envoyé. Siehe SSA.
2 Rudolf von Salis-Soglio (1652–†26.8.1735), Landeshauptmann. Siehe SSA.
3 Johann Bavier (11.9.1653–†30.1.1744), Bürgermeister. Siehe SBAV.
4 Ruinell Bavier (1688–†14.10.1755), Oberzunftmeister. Siehe SBAV.