1790 heiratete Simeon Köhl (1760-†1845) Luzia Meisser (1763 Davos-†1792 Chur). Luzia Meisser, Tochter von Meinrad Meisser (1722-†) und Anna Accola (1722-†), wurde in Davos Dorf geboren. Viele ihrer Geschwister starben im ersten Lebensjahr, und als Luzia geboren wurde, lebte nur noch ihr um 1 Jahr jüngerer Bruder Peter Meisser. Die beiden Geschwister wuchsen in Davos Dorf auf.[65] Ihr Bruder Peter Meisser (1762-†1845) heiratete am 1790, im gleichen Jahr wie seine Schwester, in Pontresina Urschla Stiffler (16.2.1769 Davos-†1821 Pontresina). Peter dürfte also wie seine Schwester schon vor 1790 Davos verlassen haben. Das Todesdatum ihrer Eltern ist nicht bekannt, es könnte aber sein dass Meinrad und Anna Meisser bereits vor 1790 verstarben und ihre Kinder deshalb Davos verliessen.
Weshalb Peter Meisser mit seiner Frau nach Pontresina auswanderte ist nicht bekannt. Allenfalls bestanden Verbindungen zu einem Familienzweig der Stiffler, welche schon seit 1770 in Pontresina ansässig waren.
Auch ist nicht bekannt wie die Davoserin Luzia Meisser ihren Mann in Chur kennenlernte. Oft wurden unverheiratete Töchter von ihren Familien als Dienstmagt an wohlhabende Familien vermittelt. So könnte Luzia nach Chur gekommen sein und dort den Chur Angehörigen und Schuster Simeon Köhl kennengelernt haben.
Obwohl Luzia Meisser und Simeon Köhl 4 Kinder hatten, sollte diese Ehe tragisch Enden. Nachdem bereits 2 Kinder im ersten Lebensjahr verstorben waren, starb auch Luzia mit nur 29 Jahren in Chur. Ihr Mann Simeon blieb mit zwei Knaben alleine zurück. Als Peters jüngster Bruder, Simeon Köhl, 1794 auch noch verstarb dürften die Stadtbehörden eingeschritten sein und den 9-Jährigen einem Vormund unterstellt haben. Peter dürfte daher von seinem Onkel Peter Meisser in Pontresina aufgenommen worden sein. Hierzu gibt es zwar keine schriftlichen Belege, Peter Köhls enge Verbindung zu Pontresina und sein beruflicher Werdegang weisen aber darauf hin. Auch dürften zu dieser Zeit keine Grosseltern oder andere Geschwister da gewesen sein welche den Knaben aufnehmen konnten.
Auch existieren keine Unterlagen zu welchem Zeitpunkt Peter Köhl die Schweiz verlassen hat. Es kann aber angenommen werden dass er, wie damals üblich, nach Ende seiner Schulzeit bei einer der Oberengadiner Konditoren-Familien in Deutschland oder im russischen Reich eine Lehre als Konditor machte. Aufgrund der Verbindung zu Pontresina dürfte es eine Konditorei der Familie Saratz oder Robbi gewesen sein. Gesichert ist jedoch dass Peter Köhl 1818 in Wilna die Konditorei der Familie Jenny als Mitinhaber und Geschäftsführer übernahmen[77]. Er dürfte also schon mehrere Jahre vorher in Wilna gearbeitet haben, der russischen Sprache mächtig und gut vernetzt gewesen sein. Aber auch hier scheint Peter Meisser seine schützende Hand über seinen Neffen gehalten zu haben und wurde in den Verträgen als Hauptverantwortlicher geführt.
Die „Kohl Confiseur“ an der Schlossgasse 189 (Gebäude auf der linken Strassenseite mit blauem Schild) war ehemals die „Konditorei Jenny“. (Aquarell von 1840)
Quellen:
1: Cudesch da baselgia part scritta cun maschina, Duri Saratz, 2022
65: Davoser Familien H bis W (17. Jh. - 20. Jh.), Hugo Richter, A I 21 c 1/168, Staatsarchiv Graubünden
66: Briefwechsel Köhl - Jenny, Dauerdepositum Familie Saratz, Pontresina, 1820-50, Sign. 14.1.2016, Depot 10, 10a, Schachtel 19
75: Kaufprotokolle Köhl-Jenny, Stadt Chur, 1829, StAC B II 2.0019.095, S38, Nr. 1412
77: Bündner im Russischen Reich, Roman Bühler, 2003 Verein für Bündner Kulturforschung
82: Il cudesch da Johann Jenny a Wilna, Gian-Paul Ganzoni, 1981, Bündnerisches Monatsblatt, S124-146, Band 94
83: Fast ein Volk von Zuckerbäckern, Dolf Kaiser, 2009, S. 18, 46, 58,
84: Chronik Familie Manzinoja, Schenkung Rita Buchli, Erlenbach, 1880, Sign. 20.12.2006, Depot 1, 1f
Weiterhin ist gesichert das Peter Meisser mit seiner Frau bis zu seinem Tode in Pontresina mit seiner Familie lebte und dort bestens vernetzt war. Seine beiden Töchter heirateten beide in ortsansässige Familien ein. Es könnte gut sein dass Peter Meisser die in Pontresina verbliebenen Ehefrauen der im Ausland abwesenden Männer unterstützte, sich um administrative Angelegenheiten kümmerte und als deren Stellvertreter fungierte. Auch gibt es Hinweise dass Peter Meisser als Gastwirt tätig war und im Gemeinderat tätig war[84]. Nachdem sein Sohn Clo Meisser 1813 in Wilna von einer eingeschleppten Seuche dahingerafft wurde starb mit mit dem Tod von Peter Meisser die Mannlinie Meisser in Pontresina aus.
Clo Meisser (1791-†1813) arbeitete bei der Familie Jenny in Wilna als Konditor, vermutlich gemeinsam mit seinem Cousin Peter Köhl. Er verstarb dort aber unerwartet mit nur 22 Jahren[77]. Auch Peter Johann Jenny dürfte ab 1808 in Wilna gearbeitet haben.
Anna Meisser (1793-†1854, Cousine von Peter Köhl) heiratete am 1813 in Pontresina Peter Johann Jenny (1793-†1876), den Sohn von Johann Jenny. Nach der Heirat wurden Peter Johann Jenny und Peter Köhl als «Cousins» bezeichnet. Die beiden waren Mitglied in der Freimaurerloge in Warschau und Wilna und war beste und nahste Freunde[66].
Ihre Tochter Anna Jenny (1824-†1915, Enkelin von Johann Jenny) heiratete am 1845 in Pontresina Johann (Gian) Saratz (1821-†1900). Die Familie Saratz war ein bedeutendes Geschlecht von Zuckerbäckern und Cafetiers mit kleineren und grösseren Konditoreien in Antwerpen (um 1800), Cambrai (1785-1810), Limoges (1760), La Rochelle (1789-1806, Kaffeehaus), Rouen (1850), Sedan (1793-1811) und Tilsit (1830).
Johann (Gian) Saratz kehrte nach geschäftl. Tätigkeit im Ausland nach Pontresina zurück. Saratz nutzte den aufkommenden Tourismus im Engadin und baute 1865 den Heustall seines Hauses aus und richtete darin die Pension Saratz ein. Geschäftsführer des Garni Saratz, wie die Pension genannt wurde, war Gians ältester Sohn Pepi. 1873-1875 wurde weiter ausgebaut und das Hotel Saratz gegründet.
Veronica Meisser (1805-†1848, Cousine von Peter Köhl) heiratete 1830 in Poschiavo den Landschreiber Elias Andreas Manzinoja (1811-†1887) und hatte mit ihm 8 Kinder.[1]
Die Familie Manzinoja-Meisser bewohnte ein schönes, altes Engadinerhaus im Unterdorf, das an das alte Hotel Kronenhof angebaut war. Nach dem Tod von Elias Manzinoja (1887) wurde das Haus an die Familie Gredig vom Kronenhof verkauft und wurde später für den späteren Ausbau des Hotels abgerissen. Der Platz wo das Haus stand ist heute der Eingang zum Hotel Kronenhof.[84]
Veronica Meisser-Manzinojas Tochter Victorine Manzinoja (1841-†1885, Urenkelin von Peter Meisser) heiratete am 1869 in Pontresina den Pfarrer Caspar Mazol Sutter (1842-†1891), Bürger von Mathon am Schamserberg, Seelsorger und Hotelier in Pontresina.
Nachdem Sutter sein Pfarrersamt krankheitsbedingt niederlegen musste gründete er das Hotel Languard welches von der Firma Ragaz erbaut und 1877 in Pontresina eröffnet wurde.[84]
Elias Manzinoja und Veronica Meissers Sohn, Elias Manzinoja (1844-†1883) heiratete 1869 in Pontresina Anna Jenny, eine Enkelin von Anna Meisser (1850-†1917)
Ihre Tochter Victorina Manzinoja (1877-†1919) arbeitete in Zürich und Lausanne als Gouvernante in Erstklass-Hotels. Zusammen mit ihren Brüdern Elias und Nicolaus baute sie 1904-1906 das Hotel Schweizerhof in Pontresina. Victorina heiratete 1906 den Bauführer des Hotels Schweizerhofs Jeremias Buchli aus Versam und führte gemeinsam mit ihm das Hotel. Gesellschafterin der Kollektivgesellschaft war auch Anna Manzinoja-Jenny.[84]